Beim Besuch ehemaliger Kollegen traf ich auf Susanne, die verzweifelt und resigniert vor ihrer Wäschewand stand. Und da ich selten nachdenke, ob mir das Helfen gerade zusteht, entwickelte sich folgende Konversation:
„Hallo, Suse. Machst Du wieder Deine Wand neu?“
„Ich versuchs…“
„Kommst du nicht weiter?“
„Ach. Du weißt doch. Egal, wie ich das jetzt aufbaue. Immer ist es falsch!“
„Hattest du sie letztens nach Farben sortiert und es war falsch?“
„Ja. Da musste ich sie nach Größe sortieren. Als ich sie davor aber nach Größe sortiert hatte, war es auch falsch und er [ihr Vorgesetzter] wollte nach Farben sortiert haben. Ich kann ihm einfach nix recht machen! Und wenn ich vorher frage, heißt es nur, das müsste ich mittlerweile längst alleine wissen. Selbst Kati hat das schon gemerkt.“
„Es ist also im Grunde völlig egal, was du jetzt machst.“
„Ja.“
„Wie findest du selbst denn diese Wand richtig.“
„Ich würde sie erst nach Farben laut Farbfolge sortieren und dann nach Größe. Das sieht schön ruhig und einladend aus.“
„Na ja. Wenn er sowieso meckert, könntest du doch einfach so arbeiten, wie du es für richtig hältst…“
„Ja, aber dann wird wieder so getan, als könnte ich nix richtig machen.“
„OK. Und wenn du jetzt einfach so dastehst und nix tust, meckert er nicht?“
„Doch.“
„Hmmmh. Da steckst du ja ziemlich in der Zwickmühle. [Pause] Wenn du jetzt trotzdem einfach nach Farben sortierst?“
„Meckert er.“
„Wenn du doch aber weißt, dass du es nicht falsch gemacht hast und Kati weiß, dass du es nicht falsch gemacht hast und ich weiß, dass du es nicht falsch gemacht hast. Wieso lässt du dich vom Chef so runter ziehen? [Pause] Vielleicht kannst du ja noch was anderes machen als dich zu ärgern?“
„Na ja. Ich kann ihm ja erklären, wieso ich es so sortiert habe. Und wenn er es dann trotzdem anders haben will, mach ich es halt neu.“
„Klingt gut…“
…
Wir brauchen keine teuren Trainings, Seminare oder Workshops, um unser Arbeitsklima aufzupolieren. Wir brauchen Hinwendung, ein offenes Ohr und ein wenig Zeit für scheinbare Nebensächlichkeiten. Ein kurzes Coaching im Arbeitsalltag ist meist am wirkungsvollsten für ein erfolgreiches Team. Das ich bei obigem Gespräch außerhalb der Hierarchie stand und daher von Hause aus ein größeres Vertrauen besaß, war natürlich auch hilfreich.